VIEW ELEVATOR IM GESPRÄCH MIT TECH2B: Mit dem Aufzug durch die Decke
Mit dem Kommunikationssystem VIEW ELEVATOR haben Johannes Schober und Armin Braunsberger das Liftfahren barrierefrei sicher gemacht – und punktgenau eingespielte Werbung in die Aufzugkabine gebracht. Nun hat sich der OÖHightechFonds am Start-Up aus Friedburg beteiligt, das seine Fühler gerade nach London ausstreckt.
In welchem Lift ist Ihre Geschäftsidee entstanden?
Johannes Schober: In vielen verschiedenen Liften während der gut zehn Jahre, in denen ich bei einem großen Aufzughersteller gearbeitet und mich dabei auch ausgiebig mit Notrufsystemen für Aufzüge beschäftigt habe. Vor allem unter dem Aspekt der Barrierefreiheit: Die einschlägige Norm schreibt vor, dass barrierefreie Notrufsysteme sowohl akustisch als auch optisch funktionieren müssen. Die herkömmliche Lösung für den Fahrstuhl ist jedoch eine rein akustische.
Sie sind also auf eine audiovisuelle Variante gekommen?
Johannes Schober: Genau, und darum habe ich beschlossen, auf eigene Faust ein handfestes Produkt aus dieser Idee zu machen.
Schobers Lösung besteht in einem – dank Sensoren und Kamera – smarten Monitor. Im Notfall funktioniert er als visuelles Notrufsystem, der die Zentrale über das Problem informiert. Per Knopfdruck geben die Notrufer an, ob sie eingeschlossen sind oder ärztliche Hilfe benötigen. Ein aus dem Lift übermitteltes Kabinenfoto schafft in der Zentrale zusätzliche Klarheit über die Situation am Notfallort.
Die demnächst marktreife Software-Erweiterung VIEW SENSE erkennt mit Hilfe eines selbstlernenden Algorithmus bereits automatisch Situationen wie plötzliche Bewusstlosigkeit oder sexuelle Übergriffe und reagiert auch auf Gepäckstücke oder Gegenstände, die herrenlos im Lift zurückbleiben.
Das ist 2014 allerdings noch unerhörte Zukunftsmusik, als sich Johannes Schober an den Werber Armin Braunsberger wendet. Die beiden kennen sich bereits vom einen und anderen Projekt: Braunsberger war mit seiner Werbeagentur bereits länger für Johannes Schober und dessen früheren Arbeitgeber tätig – und sofort von der Idee gefesselt, das Fahrerlebnis in Aufzügen maßgeblich zu überdenken. Gemeinsam entwickeln Braunsberger und Schober ein Geschäftsmodell für zwei Zielgruppen: VIEW ELEVATOR bedient Aufzüge, Eingangsbereiche und öffentliche Plätze mit Display-Lösungen; VIEW MEDIA vermarktet die damit geschaffenen Werbeflächen an Direkt- und Agenturkunden und beteiligt die Eigentümer der Geräte an den Umsätzen.
Wie man heute weiß, haben Sie es bei VIEW ELEVATOR nicht bei der barrierefreien Notruffunktion belassen. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, den Monitor auch als Medium im klassischen Sinn zu nutzen?
Armin Braunsberger: Wir haben uns vor Augen gehalten, dass der Aufzugbetrieb weitgehend störungsfrei läuft. Für die Frage, wozu man einen smarten Monitor im Lift währenddessen nutzen kann, haben wir rasch die Antwort gehabt: Ihn als digitales schwarzes Brett von Hausverwaltung oder Unternehmen bzw. als Werbefläche nutzen. Als solche entspricht das VIEW-Displaysystem genau dem, was ich selber als Werber immer gesucht habe. Nämlich punktgenau skalierbare Werbung im öffentlichen Raum. Sie läuft nur, wenn der Lift mit Fahrgästen in Bewegung ist. Und nur dort, wann und wo ich sie als Werbekunde verbreitet haben will: In den Gebäuden und zu den Tageszeiten meiner Wahl. Durch Data Mining wissen wir heute sehr genau Bescheid über das Zusammenspiel von Liftfahren und Werbung. Das eröffnet den Agenturen und Werbekunden ganz neue Möglichkeiten für das Feintunen von Kampagnen.
Was haben die Objektbetreiber davon?
Johannes Schober: Erstens einmal massiv erhöhte Sicherheit im Lift. Und zweitens bis zu 40% Betriebskostenersparnis. Durch den Wegfall teurer Fehlalarme, vor allem aber durch die Vermarktung der Werbefläche Monitor. Das macht VIEW ELEVATOR zusätzlich interessant, denn viele Hausverwaltungen klagen über die hohen Wartungskosten für ihre Aufzüge. Naheliegenderweise war unser erster Großkunde ein namhafter Bauträger, der insgesamt mehrere hundert Aufzüge betreibt.
Hört sich nach einer rasanten Fahrt nach oben an.
Johannes Schober: Ja, aber mit etlichen ungeplanten Zwischenhalten auf dem Weg von einem Meilenstein zum nächsten. Wir hatten alle Hände voll zu tun, die Kosten für die Softwareentwicklung mit externen Partner in einem der Tragfähigkeit unserer ursprünglichen Kapitaldecke angemessenen Rahmen zu halten. Und wir waren massivem Gegenwind verschiedener Aufzughersteller ausgesetzt, die unsere Kunden wegen des Einbaus unserer Monitore unter Druck gesetzt haben. Bis mit der KONE AG ein Aufzugbauer auf uns zugegangen und eine Vertriebspartnerschaft mit uns eingegangen ist. Hätten wir das Liftgeschäft nicht von innen gekannt, hätten wir es nicht geschafft.
Geschafft hat es VIEW ELEVATOR nicht zuletzt dank intensiver Betreuung durch den oberösterreichischen Inkubator tech2b, den Johannes Schober auf der Suche nach Wegbegleitern für die Anfangsphase entdeckt.
Sie haben die dünne Kapitaldecke der ersten Zeit erwähnt. Konnten Sie die verstärken?
Johannes Schober: Glücklicherweise ja. Mit tech2b haben wir die Förderanträge ausgearbeitet, die uns einen sechsstelligen Gesamtbetrag von der Forschungsförderungsgesellschaft, dem Austria Wirtschaftsservice und aus dem ERP-KMU-Programm eingebracht haben. Der ist in die Produktentwicklung geflossen. Wir haben bei tech2b ja alle Phasen und Programme durchlaufen und dabei extrem von der Expertise und den Kontakten des ganzen Teams profitiert. Sei es bei der Entwicklung unseres Geschäftsmodells über rechtliche Fragen bis hin zum Aufbau unseres Vertriebs. Die Leute von tech2b waren es auch, die uns mit Investoren zusammengebracht haben.
Ihr Investor ist nun der OÖHightechFonds. Eine Traumbeziehung?
Johannes Schober: Wir finden schon. Fondsmanager Horst Gaisbauer hat uns bereits gut gekannt und unsere Idee von Anfang an nicht nur verstanden, sondern auch mitgetragen. So wie jetzt auch unsere Expansionsstrategie. Wir wollen wachsen und definitiv die internationale Nummer eins für Kommunikation im Aufzug werden. Der HightechFonds spornt uns dazu an, indem wir gemeinsam Wachstumsziele vereinbart haben.
Armin Braunsberger: Dem OÖHightechFonds geht es aber genauso wenig wie uns um einen schnellen Exit. Mit dem Kapital, das der Fonds einbringt, verstärken wir uns personell vor allem im Marketing und im Vertrieb.
Johannes Schober: Für VIEW ELEVATOR ist die Kombination von Vertriebspartnern, wie wir sie seit Anfang 2018 in Deutschland haben, und einem eigenen Team die ideale Lösung. Dazu brauchen wir die besten Leute. Umso mehr als wir nun den englischen Markt mit Schwerpunkt London in Angriff nehmen. Je größer die Stadt, desto mehr Hochhäuser mit entsprechend vielen Aufzügen.
Armin Braunsberger: tech2b hat uns die Rutsche zur österreichischen Außenhandelsvertretung in London gelegt, mit deren Hilfe wir wertvolle Kontakte geknüpft haben.
Wie empfänglich ist London für Ihre Idee? Gibt es Mitbewerber?
Armin Braunsberger: Das Verständnis für unser Produkt und die damit verknüpften Services ist da. Screens im Lift gibt's vereinzelt in London auch. Aber die sind viel dümmer als unserer, wenn ich das ganz salopp so sagen darf.